Lieber Leser,
folgender Artikel wurde ursprünglich Ende 2022 verfasst und nun leicht überarbeitet.
Ich kontaktierte das Büro des Gebetshaus Augsburg mit der Einladung, ihn zu sichten, bevor ich ihn eventuell veröffentliche. Die Rückmeldung, die ich erhielt, setzte sich nicht mit expliziten Punkten auseinander, doch ich wurde auf ein Statement von Dr. Hartl hingewiesen, das mit folgenden Worten endet:
„(…) Kritik an meinen Positionen sind immer erlaubt, oft sicher berechtigt; am zielführendsten ist sie, wenn sie sich an meinen Inhalten der letzten 5 Jahre orientiert, denn auch meine thematischen Aussagen entwickeln sich mit der Zeit.“
Nach dieser Regel wäre in diesem Artikel nur meine Kritik zu Hartls Mystik „zielführend“ (und nur der Teil davon, in dem ich aus seinen Vortrag von 2022 zitiere).
Mir ist auch bewusst, dass es in den letzten 2 1/2 Jahren neue Entwicklungen zu Dr. Hartl gab, über die ich berichten könnte – es tut mir fast schon weh, die UNUM24-Konferenz nicht einmal zu erwähnen. Der rote und schlichte Faden in diesem Artikel soll jedoch sein, dass das, was Hartl als Lehrer disqualifiziert, seine weiterhin bestehende Assoziierung mit der römisch-katholischen Kirche ist. Die damit verbundenen und hier ausführlich ausgeführten Probleme sind zeitlos.
Ich wünsche dir Gottes Segen und viel Spaß beim Lesen!
Vorwort
„Unterscheiden, was ist wahr und was ist falsch, ist nicht böse, ist nicht gemein, ist nicht menschenverachtend, ist nicht intolerant, sondern ist ein Akt der Liebe.
Wir sollen keine Person verurteilen, aber wir sollen sehr wohl über Gedanken und Lehre richten. Wir sollen, wir müssen, Du sollst, Du musst. Wenn Du mündig in Jesus bist, wenn Du ’ne Bibel hast, kannst Du nicht sagen, es gibt unterschiedliche… jeder darf so ein bisschen seins… Natürlich ist jeder frei, sich seine eigenen Lügen zusammenzubasteln, aber Du bist nicht frei, so zu tun, als wären die alle wahr“.
– Dr. Johannes Hartl
Dr. Johannes Hartl ist vermutlich der beliebteste und respektierteste römisch-katholische Lehrer im deutschsprachigen Raum. Was ihn auszeichnet, ist, dass er seine Anhänger nicht nur dort findet, wo er herkommt, sondern auch in freikirchlichen Kreisen. Doch wie kann das sein, wenn sich die römisch-katholische Lehre so sehr von der ursprünglichen biblischen Lehre unterscheidet, die schlussendlich zur berühmtesten Glaubensreformation der Geschichte führte?
Zweifellos ist Hartl ein starker Verteidiger christlicher Werte, wie die Heiligkeit der Ehe und der Familie (er spricht deutlich zu Themen wie Homosexualität, Abtreibung und Pornographie). Dafür verdient er durchaus Lob. Auch ist er in der Lage, Elemente des Evangeliums stark und überzeugend zu predigen.
Michael Kotsch schreibt ebenfalls zu seinem Lob:
„Über zahlreiche Aussagen Hartls kann sich ein konservativ orientierter Christ nur freuen. Ganz ohne bibelkritische Relativierungen stellt er sich hinter die absolute Glaubwürdigkeit der Heiligen Schrift, gerade in den heiklen ethischen Fragen wie Homosexualität oder Scheidung. Die Vereinheitlichungsversuche der Weltreligionen kritisiert Hartl ebenso klar wie die ideologischen Konzepte des Gender Mainstreamings. Erfrischend und unverkrampft stellt er sich zur Jungfrauengeburt, zu den Wundern Jesu und zur Realität der ewigen Verdammnis.“
In dieser Auseinandersetzung wird geschildert, wie Hartls religiöser Background aussieht – und wie dieser gefährlich schleichend in den Vordergrund rückt. Das entscheidende Wort ist schleichend: Hartls Predigten sind meist unverwechselbar mit denen eines Nicht-Katholiken. So sehr, dass viele derer, die ihm folgen, gar nicht wissen, welcher Kirche er überhaupt angehört – und somit Opfer einer langsamen, vorsichtigen Verführung zu römisch-katholischen Lehren werden. Sicher werden die meisten von ihnen nie überzeugte Anhänger des Papstes, doch werden sie im besten Fall oftmals Verfechter der Ökumene und verlieren das Verständnis dafür, warum ein bibeltreuer Christ sich von dem Papsttum und dessen Nachfolgern nicht verführen lassen sollte.
Ich habe einige Punkte zusammengefasst, die zeigen sollen, dass Hartl jeden aller reformatorischen Grundsätze ablehnt:
- Sola Fide (Allein durch Glauben)
- Sola Gratia (Allein durch Gnade)
- Sola Scriptura (Allein die Schrift)
- Solus Christus (Allein Christus)
- Soli Deo Gloria (Allein dem Herrn sei die Ehre)
…und oben drauf gefährliche, Jahrhunderte alte katholisch-mystische Lehren als harmlos und gar essentiell für ein erfülltes, christliches Leben vermittelt.
Um Hartls Entfernung vom Evangelium festzustellen, sollte es reichen, zu wissen, dass er sich voll und ganz zur römisch-katholischen Kirche bekennt. Um zu zeigen, warum das so ist, fokussiere ich mich ganz bewusst nur auf die aktuellen Lehren, die aus Rom kommen. Somit ist die Auseinandersetzung, die folgt, nicht nur Hartl betreffend –sondern eine Übersicht darüber, warum der Glaube der über eine Milliarden Anhänger der römisch-katholischen Kirche welweit nicht mit der Schrift vereinbar ist.
– Matthäus 7,19-20, 22-24
Hütet euch aber vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig aber reißende Wölfe sind! An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen. Sammelt man auch Trauben von Dornen, oder Feigen von Disteln? Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr, Herr! wird in das Reich der Himmel eingehen, sondern wer den Willen meines Vaters im Himmel tut. Viele werden an jenem Tag zu mir sagen: Herr, Herr, haben wir nicht in deinem Namen geweissagt und in deinem Namen Dämonen ausgetrieben und in deinem Namen viele Wundertaten vollbracht? Und dann werde ich ihnen bezeugen: Ich habe euch nie gekannt; weicht von mir, ihr Gesetzlosen!
Wer ist Dr. Johannes Hartl?
Hartl beschreibt sich als „Philosoph, Theologe Speaker und Gründer“ und als einen der „einflussreichsten Vermittler zwischen christlicher Spiritualität, Philosophie und Psychologie im deutschsprachigen Raum.“ (Vita) Er studierte fünf Jahre lang katholische Theologie, Germanistik und Philosophie.
Mission Manifest
Hartl ist Mitautor von „Mission Manifest“, worin er u.a. dazu aufruft, den Katechismen der katholischen Kirche zu folgen.
These 7 besagt:
„Wir müssen die Inhalte des Glaubens neu entdecken … Wir haben sie durch Gottes Offenbarung empfangen, finden sie gefasst im Urdokument der Heiligen Schrift und lebendig überliefert im Verstehen der Kirche, wie es der Katechismus lehrt.“
– Mission Manifest
„Das „Mission Manifest“ stehe „ganz in der Vision von Papst Franziskus“ der unter Mission ein „werbendes Hinausgehen“ verstehe, sagte Pater Wallner.“ (katholisch.at)
Zu den Co-Autoren von Mission Manifest gehören Karl Wallner (röm.-katholischer Priester) und Bernhard Meuser, einer der bekanntesten Vertreter der sog. „Neuevangelisierung“, vorangetrieben durch die von ihm initiierte deutsche Ausgabe des katholischen Jugendkatechismus „YouCat“. Hierzu schrieb Papst Benedikt XVI. (Ratzinger) ein Vorwort:
„So bitte ich Euch: Studiert den Katechismus mit Leidenschaft und Ausdauer! Opfert Lebenszeit dafür! Studiert ihn in der Stille Eurer Zimmer, lest ihn zu zweit, wenn Ihr befreundet seid, bildet Lerngruppen und Netzwerke, tauscht Euch im Internet aus. Bleibt auf jede Weise über Euren Glauben im Gespräch!
Ihr müßt wissen, was Ihr glaubt. Ihr müßt Euren Glauben so präzise kennen wie ein IT-Spezialist das Betriebssystem eines Computers. Ihr müßt ihn verstehen wie ein guter Musiker sein Stück. Ja, Ihr müßt im Glauben noch viel tiefer verwurzelt sein als die Generation Eurer Eltern, um den Herausforderungen und Versuchungen dieser Zeit mit Kraft und Entschiedenheit entgegentreten zu können.“
Auch Hartls Werke
sind der katholischen Lehre treu
Die Bedeutung der katholischen Kirche
Viviane Herzog (jesus.ch):
– Hartl im Interview mit jesus.ch
„Gibt es für dich neben dieser persönlichen Beziehung zu Jesus noch etwas anderes, das wir beachten müssen, um voll Glauben zu leben?“
Dr. Hartl:
„Ja, das ist der Glaube der Kirche. Als Christ bin ich Teil der Kirche und damit Teil eines Glaubens, der eine viel längere Geschichte hat als mein persönlicher Glaube oder meine persönliche Jesus-Beziehung. Dieser Glaube der Kirche ist geprüft und verlässlich. Im persönlichen Bibelstudium kann es auch einmal passieren, dass eine Stelle missverstanden oder falsch interpretiert wird. Der Glaube der Kirche gibt hier Richtung und Sicherheit.“
Hier kommt klar zum Vorschein, dass Hartl sich auf die festgelegte Lehre der Kirche stützt und sie für absolut „verlässlich“ und sicher hält. Dies ist nicht einfach seine persönliche Meinung, sondern ganz im Einvernehmen mit der katholischen Lehre, der Hartl als bekennender Teil dieser Kirche nicht widersprechen kann.
In seinem Vortrag „Ökumene“ beschreibt Hartl das Dominus Iesus, ein im Jahre 2000 erschienenes vatikanisches Dokument, das die Alleinheit der römisch-katholischen Kirche betont. Andere Kirchen werden als „christliche Gemeinschaften“ bezeichnet, die der katholischen Kirche „hingeordnet“ sind, sich aber nicht als Kirche bezeichnen können. Lediglich durch die dort durchgeführten Sakramente (besonders die Taufe) entsteht dort „Teil-Gemeinschaft“ mit der wahren, katholischen Kirche.
Statt dies zu dementieren, lässt Hartl seine Meinung aus:
„Ich will jetzt nicht meine persönliche Meinung zu dem Punkt vertiefen, ob das sinnvoll war, das so zu formulieren; ob das der Einheit gedient hat, ob das weise war, und welche Beweggründe genau dahinter standen“.
Der Vatikan lehrt hierzu:
„Die Aufgabe aber, das geschriebene oder überlieferte Wort Gottes authentisch auszulegen, ist allein dem lebendigen Lehramt der Kirche“ — das heißt den Bischöfen in Gemeinschaft mit dem Nachfolger Petri, dem Bischof von Rom — ,,anvertraut, dessen Vollmacht im Namen Jesu Christi ausgeübt wird (DV 10).“
– KKK (Katechismus der Katholischen Kirche) 85
Hartl stimmt dem zu:
„Die Bischöfe und das Lehramt sind auch weiterhin für die richtige Interpretation der Bibel zuständig“ (…) „es gibt weitere Bereiche, die wir ohne die Tradition der Kirche, allein aus der Bibel nicht belegen könnten“.
– „Katholisch als Fremdsprache“, S. 58 und 60
Er beruft sich auf Tradition, statt auf die Schrift, um die Dreifaltigkeit abschließend definieren zu können:
„So gibt es in China eine „Jesus-only“-Bewegung, die die Lehre von der Dreifaltigkeit ablehnt. Die Tradition der Kirche, das heißt die ersten Konzilien kamen zu der Erkenntnis, dass Gott dreifaltig ist.„
Hartl betont in seiner Beschreibung von Ökumene zwar deutlich, dass Christen konfessionsübergreifend Jesus erfahren können; doch die Kirche, der er angehört, sieht sich selbst als die einzig wahre Kirche, und andere Christen als in „Teil-Kommunion“ lebende Christen, deren Errettung nur gewährt sein kann, wenn sie in ihrer Lebzeit nicht überzeugend davon erfahren, dass die katholische Kirche essentiell ist, um sie zu retten:
– NEUNER-ROOS NR. 367
„(…) Im Glauben müssen wir festhalten, dass außerhalb der apostolischen, römischen Kirche niemand gerettet werden kann; sie ist die einzige Arche des Heils und jeder, der nicht in sie eintritt, muss in der Flut untergehen. (…)“
– NEUNER-ROOS NR. 373
„Darum können jene Menschen nicht gerettet werden, die um die katholische Kirche und ihre von Gott durch Christus gestiftete Heilsnotwendigkeit wissen, in sie aber nicht eintreten oder in ihr nicht ausharren wollen“.
Taufe
Die Taufe, die ein äußeres, öffentliches Bekenntnis und Symbol der persönlichen Entscheidung für ein Leben unter der Herrschaft von Jesus Christus und die Wiedergeburt darstellt, ist in der Lehre der römisch-katholischen Kirche die Wiedergeburt:
„Die heilige Taufe ist die Grundlage des ganzen christlichen Lebens, das Eingangstor zum Leben im Geiste (vitæ spiritualis ianua) und zu den anderen Sakramenten. Durch die Taufe werden wir von der Sünde befreit und als Söhne Gottes wiedergeboren; wir werden Glieder Christi, in die Kirche eingefügt und an ihrer Sendung beteiligt: „Die Taufe ist das Sakrament der Wiedergeburt durch das Wasser im Wort“ (Catech. R. 2,2,5).“
– KKK 1213
Da die Taufe das erste und wichtigste der sieben Sakramente der katholischen Kirche darstellt, ist man damit „initiiert“ und kann offiziell Gemeinschaft mit ebendieser Kirche und ihren Anhängern haben; ganz egal, ob dies gleich nach der Geburt passiert und welchen Glaubensstand man besitzt. Ab dem Moment darf man als Nicht-Katholik Teil der ökumenischen Bewegung sein – beziehungsweise hat man gar keine Wahl mehr. Hartl beschreibt in seinem Vortrag Ökumene:
„Wenn du auf den Namen Jesu Christi, auf den dreifaltigen Gott getauft wurdest, bist du Teil dieser einen Kirche. (…) Grundsätzlich ist durch die Taufe eine Zugehörigkeit zu der einen Kirche Jesu Christi vorhanden.“
Auch hier lehrt er gemäß dem Katechismus:
„Ordentliche Spender der Taufe sind der Bischof und der Priester und, in der lateinischen Kirche, auch der Diakon. Im Notfall kann jeder Mensch, sogar ein ungetaufter, die Taufe spenden, falls er die notwendige Absicht hat: Er muß das tun wollen, was die Kirche bei der Taufe tut, und die trinitarische Taufformel verwenden. Die Kirche sieht den Grund für diese Möglichkeit im allumfassenden Heilswillen Gottes und in der Heilsnotwendigkeit der Taufe.“
– KKK 1256
Es zählt also nicht mein Glaube oder mein Bekenntnis des Glaubens, sondern die physische Taufe.
Kindertaufe
Die Kindertaufe ist etwas, was nicht nur in der katholischen Kirche praktiziert wird. Als Babys getaufte Erwachsene können auch ohne Wiedertaufe in Gemeinschaft mit Christus leben und ihrer Errettung gewiss sein – diese beruht nämlich nicht auf ihre physische Taufe im Wasser, sondern auf die Geistestaufe, die durch Gottes Hand geschieht, nicht durch Menschenhand:
Denn wir sind ja alle durch einen Geist in einen Leib hinein getauft worden, ob wir Juden sind oder Griechen, Knechte oder Freie, und wir sind alle getränkt worden zu einem Geist. – 1. Korinther 12,13
– 1 Korinther 12,13
Zu einem ernstzunehmenden Problem wird die Frage, ob man Babys taufen lassen könne oder nicht, erst, wenn diese Taufe heilsrelevant wird. Genau dies lehrt die katholische Kirche (siehe oben). Gerade, dass dieses Werk zur Wiedergeburt eines Christen führt, macht die Kindertaufe so attraktiv:
„Wer sagt, die kleinen Kinder dürfe man nach Empfang der Taufe nicht zu den Gläubigen zählen, weil sie ja noch nicht tatsächlich glaubten, und sie müssten deshalb, wenn sie zu den Jahren der Unterscheidung kämen, wieder getauft werden, oder es sei besser, ihre Taufe zu unterlassen, als sie ohne eigenen Glaubensakt zu taufen nur aufgrund des Glaubens der Kirche, anathema sit (der sei verflucht).“
– NEUNER-ROOS NR. 544
Hartl möchte sicher nicht verflucht sein. Deshalb muss er, auch nach seinem 5-jährigen Theologiestudium, zur Kindertaufe stehen, egal wie schwach die Argumentation am Ende ausfällt:
„Für die Kindertaufe spricht, dass die Praxis der Kindertaufe schon sehr alt ist. Sie lässt sich in die apostolische Zeit oder zumindest bis fast dahin zurückverfolgen. (…) Hat Jesus da eine Altersgrenze gesetzt und bei der Taufe gefragt: „Bist du schon acht Jahre alt?“ Der biblisch Befund ist nicht eindeutig. (…)“
Verdrehung von Sola Scriptura
Hartl widerspricht sich. Er sagt, er und die (katholische) Kirche glaubten an den reformatorischen Grundsatz von Sola Scriptura…
„Dennoch ist und bleibt die Heilige Schrift der Massstab für alles: „In den Heiligen Schriften zusammen mit der Heiligen Überlieferung sah die Kirche immer und sieht sie die höchste Richtschnur ihres Glaubens (…) Wie die christliche Religion selbst, so muss jede kirchliche Verkündigung sich von der Heiligen Schrift nähren und sich an ihr orientieren“ (Dogmatische Konstitution über die Göttliche Offenbarung Nr. 21). Hier zeigt sich, dass „Sola Scriptura“ sehr katholisch ist.“
– Katholisch als Fremdsprache, S. 63
…doch er widerlegt sich selbst:
„Wer katholischen Christen sagt: Zeigt mir, wo das mit Maria und der Marienverehrung in der Bibel steht?“ Kann als als Antwort hören: „Es muss nicht in der Bibel stehen. Der Heilige Geist hat uns dies nach und nach gezeigt.“
– Katholisch als Fremdsprache, S. 53
Den Widerspruch weiter verstärkend, zitiert Hartl auf Seite 62 die Katechismen:
„Die Heilige Überlieferung und die Heilige Schrift sind eng miteinander verbunden und haben aneinander Anteil. Demselben göttlichen Quell entspringend, fließen beide gewissermaßen in eins zusammen und streben demselben Ziel zu (DV 9).“
– KKK 80
Und um jeglichen Zweifel an dieser These endgültig zu verwerfen, muss ich nur zwei Punkte weiter in den KKK springen:
„So ergibt sich, daß die Kirche“, der die Weitergabe und Auslegung der Offenbarung anvertraut ist, ,,ihre Gewißheit über alles Geoffenbarte nicht aus der Heiligen Schrift allein schöpft. Daher sind beide mit dem gleichen Gefühl der Dankbarkeit und der gleichen Ehrfurcht anzunehmen und zu verehren (DV 9).“
– KKK 82
Mystik
Was ist Mystik?
Bevor wir Hartls Mystik unter die Lupe nehmen, müssen wir verstehen, was Mystik eigentlich ist:
„Der Begriff kann sich … auf das Mysterium der Eucharistie im römischen Katholizismus sowie auf so genannte verborgene Bedeutungen der Heiligen Schrift beziehen, wie z. B. im Gnostizismus. (…) Obwohl es wahr ist, dass Christen Gott erfahren, neigt die christliche Mystik dazu, das Erfahrungswissen zu überhöhen und im Geheimnisvollen zu schwelgen, indem sie sich auf die Mystik konzentriert, um geistlich zu wachsen. Das biblische Christentum konzentriert sich auf die Erkenntnis Gottes durch sein Wort (die Bibel) und die Gemeinschaft mit dem Heiligen Geist durch das Gebet. Mystik ist eher eine individuelle, subjektive Praxis, während das biblische Christentum sowohl eine individuelle Beziehung zu Gott ist als auch eine, die notwendigerweise in Gemeinschaft gelebt wird. (…)
Mystik ist in vielen Religionen zu finden. (…) Sich Gott zu nähern ist nichts Geheimnisvolles oder Elitäres, sondern umfasst Dinge wie das regelmäßige Gebet, das Studium von Gottes Wort, die Anbetung Gottes und die Gemeinschaft mit anderen Gläubigen. Unsere Bemühungen verblassen im Vergleich zu dem Werk, das Gott selbst in uns tut. In der Tat sind unsere Bemühungen eher eine Reaktion auf Sein Werk als etwas, das in uns selbst seinen Ursprung hat.
– GotQuestions
Stark mit der Mystik verbunden sind u.a. sog. „kontemplative Gebete“, „Soaking“ oder das Durchdringen „innerer Labyrinthe“.
Zu den berühmteren Mystikern in der Geschichte gehören mitunter:
- Gregor von Nyssa
- Johannes vom Kreuz
- Thomas von Kempen
- Theresa von Ávila (Heilige Theresa)
- Jeanne Guyon
- George Fox
- Thomas Merton
- Henri Nouwen
- Brennan Manning
In den gleich folgenden Vortragsausschnitten und späteren Abschnitten werden wir sehen, dass Hartl einige dieser Namen lobt, und offenbar viel Lehre von ihnen gezogen hat. Grundsätzlich scheint es einen starken Fokus darauf zu geben, Gott zu „erfahren“. Die in der katholischen Kirche verehrte Nonne Theresa von Avila etwa beschrieb, wie sie die Liebe Gottes mit „Schmerzen und Vergnügen“ erfüllte und die „Fähigkeiten des Geistes durch eine geistlose Vereinigung mit Gott absorbiert“ wurden. Es gibt Berichte darüber, wie sie während der Eucharistie levitierte.
Sie empfahl, was sie selbst praktizierte: Das natürliche Verlangen des Körpers zu unterdrücken, um in geistliche Ekstase zu verfallen. Um den Geist zu purifizieren, solle man seinen Körper „unterdrücken, quälen oder davon fliehen“. Dies passiert in erster Linie, indem man sich in ein Kloster zurückzieht, wo man von Schmerz, Stille, der Unterdrückung sexueller Begierde und Einsamkeit begleitet ist. Dies solle dazu führen, sich auf die Seele konzentrieren zu können. Das entspricht der gnostischen Lehre, die im ersten Jahrhundert enstanden ist und darauf aufbaut, dass die Seele gut und Materie schlecht sei. Anhänger behaupten, eine „höhere Erkenntnis“ der Wahrheit zu besitzen. Sie sehen sich oftmals als besonders spirituell im Vergleich zu „normalen“ Christen.
Laßt nicht zu, daß euch irgend jemand um den Kampfpreis bringt, indem er sich in Demut und Verehrung von Engeln gefällt und sich in Sachen einläßt, die er nicht gesehen hat, wobei er ohne Grund aufgeblasen ist von seiner fleischlichen Gesinnung, (…) Wenn ihr nun mit Christus den Grundsätzen der Welt gestorben seid, weshalb laßt ihr euch Satzungen auferlegen, als ob ihr noch in der Welt lebtet? »Rühre das nicht an, koste jenes nicht, betaste dies nicht!« – was doch alles durch den Gebrauch der Vernichtung anheimfällt – Gebote nach den Weisungen und Lehren der Menschen, die freilich einen Schein von Weisheit haben in selbstgewähltem Gottesdienst und Demut und Kasteiung des Leibes, und doch wertlos sind und zur Befriedigung des Fleisches dienen.
– Kolosser 2,18,20-23
Hartls mystische Lehre
Hartl beschreibt in seinem Vortrag Von den Mystikern lernen Christen, die keine Mystik praktizieren (welche er als „fast erotisch“ bezeichnet), als „vom Zwieback“ Lebende:
„Ich glaube, dass es dringend wichtig ist, diese Schätze (der Mystik) neu zu entdecken. Das ist das Fest, das ist das Restaurant, zu dem wir eingeladen sind, und du solltest dich nicht länger mit dem Schiffszwieback begnügen – auch dann nicht, wenn du sagst „Ich bin schon ganz lange ganz gläubig und ich bete viel oder geh in die Kirche, alles mögliche; zu viele von uns leben vom Zwieback.“
Hartl zitiert Lukas 17:21:
…noch wird man sagen: Siehe hier! Oder: Siehe dort! Denn siehe, das Reich Gottes ist in Eurem Inneren.
„Das Reich Gottes findet in Deinem Inneren statt. (…) Wir leben in einer Zeit der Verschwörung des Außen. (…) Es gibt so starke Kräfte, die uns ins Außen ziehen. (…) Und es ist wie als würden die Mystiker rufen … da möchte in dir etwas stattfinden, da möchte in dir etwas Gestalt annehmen.“ (…)
Neben Bernhard von Clairvaux spricht Hartl über Teresa, die er ganz, ganz, ganz gerne hat:
„Eine Mystikerin die mehr über dieses „innen“ wahrscheinlich nachgedacht hat als alle anderen ist eine, die ich auch ganz, ganz, ganz gerne habe, sie heißt Teresa von Avila (…) Ihre zentrale Einsicht ist, dass das Herz des Menschen so etwas ist wie eine Burg, die ringförmig um ein Zentrum herum angeordnet ist. (…) Sie spricht von sieben Wohnungen. Und sie sagt die allermeisten Menschen halten sich die meiste Zeit ihres Lebens total im Außen auf … ihren jüngeren Schwestern gibt sie den Rat: „Der erste Schritt ist erstmal: Hör mal auf, dich über andere zu übereifern, und bleib mal bei dir selbst“. … „Im innersten der Seele, da ist nicht irgendwie lauter Dreck und Mist und wir sind ja so böse, und so arm… sie sagt „nein, hier drinnen ist der lichteste und hellste und schönste von diesen Räumen; tatsächlich ist er so hell, dass er wie ein Kristall auch alle anderen Räume erleuchtet“. Sie sagt „wenn jemand sehen würde, wie überwältigend schön dieser Ort im Inneren ist, würde er wie verstaunend vergehen“. Teresa denkt natürlich vom Evangelium her, sie denkt nicht pantheistisch, sie denkt nicht jeder Mensch ist ein kleiner Gott. Das wäre ein großes Missverständnis. … Sie sagt „hätte ich doch früher rausgefunden, was für ein großer König in meinem Herzen wohnt, ich hätte ihn dort nicht so oft alleingelassen.“ Das Problem ist nicht, dass Gott schwer zu finden ist. Du bist schwer zu finden. Das Problem ist nicht, dass Gott nicht da wär, der ist da, der wartet auf dich – aber wo bist du? Wo bin ich? In meinen Gedanken, in meinen Beschäftigungen, irgendwo da draußen… er wartet auf dich, im „Innen“. (…)
„Ich hab nach meinem Abitur einige Zeit in einem Kloster in Jerusalem verbracht. Und für mich eine der lehrreichsten Schulen war, ich bin dort einem Abt, also dem Vater dieses Klosters begegnet, der mich total beeindruckt hat. (…) Der hat mir den Auftrag gegeben, mich ruhig hinzusetzen, auf so einem Knieschemel, und eine Stunde lang nur meinen Körper wahrzunehmen. Und ich wäre fast ausgeflippt, ich habe gesagt: Was soll das? (…) Mich hat das total genervt. Und mich hat’s zwei Wochen lang genervt. (…) Aber ich hab erstmal gecheckt, dass ich überhaupt nicht bei mir bin. Weil du hast ja nicht nur einen Körper, du bist ja ein Körper. Und wenn du deinen Körper, dein Leib nicht wahrnimmst, dann nimmst du dich selber auch nicht wahr – deine Gefühle auch nicht wahr. (…) „
Gebetshaus Augsburg
Das Gebetshaus wurde unter der Leitung von Hartl 2005 von einer Gruppe junger Katholiken gegründet.
Der Buchshop verkauft größtenteils Hartls Bücher, inkl. Mission Manifest, Katholisch als Fremdsprache und seine Bücher über katholische Mystik. Ausnahmen anderer Autoren wie Danny Silk & Bill Johnson (Bethel Church). Die Bibel gibt es in einer einzigen Übersetzung, der katholische Einheitsübersetzung.
Es handelt sich beim Gebetshaus um eine katholische Institution seit seiner Gründung:
„Das Gebetshaus e.V., mit Sitz in Augsburg, ist im Jahr 2005 als eine private Initiative von jungen Katholiken gemäß dem Dekret über das Apostolat der Laien „Apostolicam Actuositatem“ (nr. 18) des Zweiten Vatikanischen Konzils und gemäß cann. 215-216 des Kodex des kanonischen Rechtes entstanden. Im Laufe der Zeit kamen auch junge Menschen aus der evangelischen Kirche und aus den Freikirchen hinzu. Als nun gemischte Zusammensetzung von Personen verschiedener Konfessionen (katholisch, evangelisch, freikirchlich) bemüht sich das Gebetshaus e.V., ein „Experiment“ des geistlichen Ökumenismus zu sein. Geleitet wird dies von Dr. Johannes Hartl. (…)
Aufgrund der immer größer werdenden Zahl der Teilnehmer am Leben und an den Initiativen des Gebetshauses e.V. sahen sich die Verantwortlichen des Bistums Augsburg veranlasst, Intention, Zielsetzung, und vor allem auch die theologischen Grundlagen des Gebetshauses eingehend zu prüfen. Dies geschah in einem längeren Prozess, dabei wurden auch zahlreiche Personen befragt. Als Ergebnis dieser Prüfung wurde festgestellt, dass im Gebetshaus nichts gelehrt und verkündet wird, was im Gegensatz zur Lehre der katholischen Kirche steht. Allein dies war auch der Auftrag und Gegenstand der Prüfung. Der Bischof von Augsburg hat aufgrund dieses Ergebnisses der Untersuchung und im Einvernehmen mit Herrn Dr. Johannes Hartl entschieden, das (den) Gebetshaus e.V. in Zukunft seitens der Diözese zu begleiten. Für diese Aufgabe wurde als Bischöflicher Beauftragter Msgr. Dr. Alessandro Perego bestellt.“
– Mitteilung des Bistums Augsburg, 2017 (PDF)
Der hier erwähnte „Canon 216“ lautet folgendermaßen:
„Da alle Gläubigen an der Sendung der Kirche teilhaben, haben sie das Recht, auch durch eigene Unternehmungen je nach ihrem Stand und ihrer Stellung eine apostolische Tätigkeit in Gang zu setzen oder zu unterhalten; keine Unternehmung darf sich jedoch ohne Zustimmung der zuständigen kirchlichen Autorität katholisch nennen“.
Das Gebetshaus bietet laut einer mittlerweile verworfenen Sektion des FAQ auf seiner Webseite auch Schulungen in der katholischen Lehre. Es legt „Wert auf eine fundierte Einführung in die biblischen Grundwahrheiten im Licht der katholischen Tradition.“
Dies entspricht den Katechismen:
„(…) Einem Sinnspruch der Väter zufolge ist „die Heilige Schrift eher ins Herz der Kirche als auf Pergament geschrieben“. Die Kirche bewahrt ja in ihrer Überlieferung das lebendige Gedächtnis des Gotteswortes, und der Heilige Geist gibt ihr die geistliche Auslegung der Schrift,,,… nach dem geistlichen Sinn, den der Geist der Kirche schenkt“ (Origenes, hom. in Lev. 5,5).“
– KKK 113
Noch deutlicher ausgedrückt:
„Ihr (der heiligen Mutter der Kirche) steht das Urteil über den wahren Sinn und die Erklärung der heiligen Schriften zu. Niemand darf also gegen diesen Sinn oder gegen die einstimmige Väterlehre die Heilige Schrift erklären.“
– NEUNER-ROOS NR. 96
Im Bereich „Unterstützen“ werden die Kriterien zur Mitarbeit genannt:
„Bereitschaft, verbindlich bestimmte Gebetsschichten zu übernehmen und ökumenische Offenheit (das bedeutet: für uns ist es OK, wenn Sie evangelisch, orthodox, evangelikal, baptistisch oder was auch immer sind, so lange es für Sie OK ist, dass Mitarbeiter und Leiter des Gebetshauses zu einem großen Teil charismatische Katholiken sind).“
Zeugnisse
Auf der Webseite des Gebetshauses wurden einst Zeugnisse veröffentlicht. In einem davon berichtet jemand von seiner Versöhnung mit dem Katholizismus:
„Im Mai 2010 war Johannes Hartl in meiner Heimatgemeinde (einer Pfingstgemeinde) als Prediger zu Gast und hat über „ein Herz wie David“ gesprochen. Ich war beeindruckt, (in meiner Arroganz) dass so was tief gehendes von einem Katholiken kommen kann, wo „die“ doch immer nur Irrlehren verbreiten.
Ein paar Monate später, im September ging ich zum ersten Mal zu einem der offenen Abende der Initiative Gebetshaus in der Zwölf Apostel Kirche. Ich wollte Johannes Hartl mal „abklopfen“ und sehen ob das nur eine Ausnahme war, was ich im Gottesdienst meiner Gemeinde von ihm gehört hatte. Was dann geschah, war unerklärlich. Man muss dazu wissen, dass Gott so freundlich ist, selbst arroganten Pfingstlern wie mir einen Blick in die unsichtbare Welt zu gewähren und durch seinen heiligen Geist zu mir zu sprechen.
Als ich auf die zwölf Apostelkirche zuging entdeckte ich zuerst ein paar bekannte Gesichter, die mir signalisierten, dass ich hier so verkehrt nicht sein konnte. Aber dann fing der Heilige Geist an zu wirken und ich konnte sehen, wie Salböl die Stufen hinauf in die Kirche herunterfloss und die Sehnsucht der Kinder Gottes IHN anzubeten förmlich aus dem Gebäude schwappte.
Auf dem Weg die Treppen hinauf hatte ich das Gefühl, ich laufe auf einem Ölteppich.
In der Kirche angekommen, sprach der Heilige Geist zu mir: „Nimm Weihwasser und bekreuzige dich, im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.“
Ich habe keinen katholischen Hintergrund und weiß bis heute nicht genau, wozu das gut sein soll, aber ich tue es seitdem mit wachsender Freude immer wenn ich die Kirche betrete. In dem Moment, wo ich das tat, kam ein Gebet über meine Lippen, das ich so nicht geplant hatte. Es war einfach da: „Vater, dies ist Dein Haus. Deine heilige Wohnung ist hier und deine Gegenwart ist deutlich spürbar. Dies ist dein Haus und ich sage zu allem was hier geschieht Ja und Amen.“ (…)
Ich entdecke in der katholischen Tradition (dem wenigen was ich davon mitbekomme) Elemente an Geheimnis und Heiligkeit, die etwas in meinem Geist zum Klingen bringen, das mir bisher verborgen war.“
In einem weiteren Zeugnis berichtet Eva-Maria B:
„Nach mehr als 13 Jahren bin ich nun kürzlich wieder in die katholische Kirche zurückgekehrt und glücklich darüber. (…) Durch eucharistische Anbetung und das Rosenkranzgebet hat aber auch die katholische Kirche besondere, wunderbare, alte Schätze, die es meiner Meinung nach neu zu entdecken gilt (…) Rosenkranzgebet ist in meinen Augen eine herrliche Möglichkeit, Maria zu vertrauen“.
Inspiration für das Gebetshaus:
Der Papst, IHOP und die Mystik
Einer der ersten Artikel, der auf der Webseite des Gebetshauses erschienen ist (2006), ist ein Zitat von Papst Benedikt XVI., in dem er seine Anhänger dazu aufruft, Gebetshäuser („Schulen des Gebets“) zu bilden:
„Deshalb ist es eine Grundaufgabe der Pastoral, beten zu lehren und es selber immer mehr zu lernen. Schulen des Gebets, Gebetskreise, gibt es heutzutage; man sieht, daß Menschen das wollen. Viele suchen Meditation irgendwo anders, weil sie die spirituelle Dimension im Christentum nicht zu finden glauben. Wir müssen ihnen wieder zeigen, daß es diese spirituelle Dimension nicht nur gibt, sondern daß sie die Quelle von allem ist. (…) Dazu müssen wir vermehrt solche Schulen des Gebetes, des Miteinander-Betens, bilden, wo man das persönliche Beten in all seinen Dimensionen lernen kann: als schweigendes Hinhören auf Gott, als Hineinhören in sein Wort, in sein Schweigen, in sein Tun in der Geschichte und an mir“.
2007 berichtet Hartl von seinen Erfahrungen im „Original“-Gebetshaus IHOP (International House of Prayer) in Kansas und lobt dessen sehr katholische Büchersammlung – und die Kloster-Ähnlichkeit. Alle sieben katholischen Autoren, die er nennt, sind Mystiker:
„Es ist schwer, eine Freikirche zu finden, die so katholisch ist, wie IHOP. Um genauzusein: manchmal katholischer als die Katholiken. Ein paar Beispiele. In der Klasse der Bibelschule, die ich einen Tag besuche, gibt eine Schülerin Zeugnis (ja, es ist normal: am Anfang gibt es Zeugnisse!). Sie habe etwas von dem Stoff der letzten Woche verstanden, als sie heute morgen in der Messe war. Ja, in der Messe. Sie erklärt: von Zeit zu Zeit, wenn ich in meiner mystisch-christologischen Stimmung bin, gehe ich in eine katholische Eucharistiefeier. Die Gesten, die Symbolik und all das, die Art und Weise wie der Körper am Gebet beteiligt wird, das zeigt ihr etwas von dem, was Gebet eigentlich ist. Diese Schülerin ist nicht katholisch. Aber mich als Katholiken freut das. Betritt man den IHOP-Buchladen, so erinnert er an manchen Stellen an die Dombuchhandlung. Man findet dort die gesammelten Werke von Johannes vom Kreuz. Daneben Therese von Lisieux. Natürlich auch Augustinus. Teresa von Avila darf nicht fehlen, Bruder Lorenz von der Auferstehung, Wilhelm von St. Thierry, Thomas von Kempen, aber auch jede Menge Bücher aktueller katholischer Autoren (Henri Nouwen – unter Anderem mit einer Betrachtung über den Zölibat!). Doch das ist noch nicht soooo verwunderlich. Wirklich wild wird es, als ich auf den „Schnäppchentisch“ blicke. Da liegen zwei Stapel von Adolphe Tanquerrey. Das knapp 1000-Seiten starke Werk kostet nur 10 US$. Was ist das? Das ist eine der bekanntesten vorkonziliaren Einführungen in die mystisch-aszetische Theologie. Ein Klassiker im Noviziat strenger Klöster. Es geht darum um Buße, Todsünden und den Kampf dagegen, die Tugenden, die Wirkungen der Sakramente, die Rolle der Jungfrau Maria im Gnadenleben und die Stufen der Abtötung. Dieses Buch wird in keinem katholischen Verlag mehr auf Deutsch aufgelegt (nur in einem Lefebvre-nahen!!) . Es war in den 20er Jahren echt bekannt. Doch heute gilt es als vorkonziliar, altmodisch, gesetzlich. Ich konnte es nur in einem Antiquariat erwerben. Oder auf englisch in einer Freikirche in den USA… Doch eigentlich sind es nicht die Bücher, die IHOP ein bisschen nach katholisch riechend machen. Eigentlich ist es die Tatsache, dass die Gebetshaus-Idee ziemlich alt ist. „We have had these prayer houses for centuries. We call them monasteries“, sag ich einem IHOPer und lache. Aber es stimmt: IHOP mit seinen zweistündlich wechselnden, Psalmensingenden Teams, gleicht einfach schon sehr dem Kloster von Cluny mit seinem immerwährenden Stundengebet in verschiedenen Chören. Die Idee, sich von der Welt zu distanzieren und einen Ort den beständigen Gebets zu schaffen, war eine der zentralen Ideen der Klöster – und ist es noch heute in manchen Klöstern. Letztendlich geht es nie darum, das Rad neu zu erfinden. Es geht darum, für das Alte neue Formen zu finden und dadurch neu zu dem durchzudringen, was die Heiligen vieler Generationen inspiriert hat: die Gegenwart Gottes, der im Lobpreis seines Volkes wohnt.“
Was ist eigentlich IHOP?
Beim Durchstöbern der frühesten Artikel auf der Webseite des Gebetshauses wird klar: Die größte Inspiration scheint das sogenannte International House of Prayer (IHOP) in Kansas zu sein, dessen Leitung Mike Bickle trägt*:
„Der Herbst kommt, die Tage werden kürzer… Damit die kühlen Abende sinnvoll genutzt werden können, haben wir unter „Ressourcen“ eine Sammlung zentraler Lehren auf MP3 zum Runterladen. Thematisch kreisen diese Lehren alle um Gebetshaus-Themen: Fürbitte, Intimität und Kontenplation, Lobpreis… Die hier versammelte Auswahl von Lehren ist unsere persönliche Best-Of-Liste aus Hunderten von IHOP-Lehren. Ein ganz besonderer Herbst-Tip: „The power of a focused life“ von Mike Bickle in einer brandneuen Übersetzung (gesprochen von Johannes Hartl) – mit vielen genialen Tips zu Zeitplanung und Bibelstudium! Also: runterladen und dem Player damit vollladen!“
– gebetshaus.org, 2006
*Nachtrag: Mike Bickle ist durch das Bekanntwerden von Kindesmissbrauch nicht mehr im Dienst.
Auch heute wird auf der Webseite des Gebetshauses offen deklariert, dass IHOP bei der eigenen Gründung prägend war.
Mike Bickle ist einer der bekanntesten und einflussreichsten Anhänger der Neuapostolischen Reformation (NAR) und beschreibt sich selbst als einen der neuen von Jesus erwählten Apostel, die eine Schar an „Vorläufern/Wegebereitern“ (in seinem Fall: Junge Menschen) einsetzen, die die Wiederkunft Jesu vorbereiten sollen.
Ein Fazit zu Dr. Hartl –
und warum Ökumene unmöglich ist.
Auch 500 Jahre nach der Reformation hat sich wenig geändert. Die Katechismen der römisch-katholischen Kirche reflektieren noch immer das, was Luther zur Reformation und zur Kritik des Papst- und Mönchtums, Klosterlebens, den Machtmissbräuchen und zahlreichen Irrlehren führte. Kurz nach derr Reformation verstärkte der Vatikan sogar mit seinem nächsten ökumenischen Konzil jegliche Haltungen gegen das Evangelium und definierte viele anathema-Grundsätze, die sich leicht zusammenfassen lassen: Wer glaubt, er sei durch Gnade allein gerettet, sei verflucht. Dieses verflucht (anathema), was in der blutigen Geschichte der römisch-katholischen Kirche einst mit schwerer Verfolgung und einer Todesstrafe begleitet war, wird heute gern abgeschwächt verwendet – doch findet nach wie vor seinen Platz in den Katechismen und zeigt auf, welch ein „Evangelium“ in der Kirche herrscht.
Hartl hat seinem Ziel der Ökumene entsprechend eine sichtbare Vorsicht entwickelt, was sein Bezug zu ebendieser Kirche angeht – doch dass er der katholischen Autorität in irgendeiner Sache widerspricht, ist seiner Lehre in keinem Fall zu entnehmen, und dies wurde durch die Überprüfung des Gebetshauses seitens des Bistums Augsburg bestätigt: Das Gebetshaus ist durch und durch katholisch.
Egal, als wie „offen“ sich das Gebetshaus für Christen anderer Konfessionen ausgeben mag: Das Evangelium, wie wir es aus protestantischer Sicht kennen, wird dort keine Heimat finden. Und darin liegt der Gräuel der katholischen Kirche, der noch größer ist als viele seiner weiteren Probleme: Die Verführung in ein anderes Evangelium.
Wie sieht es nun mit den reformatorischen Grundsätzen aus, die ich zu Beginn des Artikels erwähnt habe? Ist es nun wirklich klar, dass Hartl sie in Gänze ablehnt? Ein erneuter Blick auf Mission Manifest genügt:
„Die reformatorischen Soli sind in ihrem absoluten Anspruch abzulehnen: So hat die Reformation vier grundlegende Lehrsätze mit einem jeweiligen sola oder solus formuliert: sola scriptura, sola gratia, sola fide und solus Christus. Allein die Schrift, allein durch Gnade, allein durch Glaube und Christus als einziger Mittler. (…) Katholiken können ihnen nämlich nicht bedingungslos zustimmen. (…) Wertet man die vier Sola der Reformation als dogmatische Lehrsätze und unterstreicht ihren Absolutheitsanspruch, werden sie für Katholiken schnell untragbar. (…) Katholische Theologen erkennen in den Sola eine überzogene Engführung. Es sind eben doch auch noch Werke, durch die der Mensch mit der Gnade Gottes kooperiert. Es ist eben doch auch die Tradition, die mir die Schrift erst vermittelt.“
– Johannes Hartl, Mission Manifest
Da Mission Manifest aber 2018 erschienen ist und somit mittlerweile satte sieben Jahre alt ist, ist dieses Zitat wohl kaum zielführend.
Schlusswort
Ich möchte unserem längst erlösten Bruder Paulus das letzte Wort geben:
„Mich wundert, daß ihr euch so schnell abwenden laßt von dem, der euch durch die Gnade des Christus berufen hat, zu einem anderen Evangelium, während es doch kein anderes gibt; nur sind etliche da, die euch verwirren und das Evangelium von Christus verdrehen wollen.
Aber selbst wenn wir oder ein Engel vom Himmel euch etwas anderes als Evangelium verkündigen würden als das, was wir euch verkündigt haben, der sei verflucht! Wie wir es zuvor gesagt haben, so sage ich auch jetzt wiederum: Wenn jemand euch etwas anderes als Evangelium verkündigt als das, welches ihr empfangen habt, der sei verflucht (anathema)! Rede ich denn jetzt Menschen oder Gott zuliebe? Oder suche ich Menschen zu gefallen? Wenn ich allerdings den Menschen noch gefällig wäre, so wäre ich nicht ein Knecht des Christus.“
– Galater 1,6-9
Sonstige Quellen
Alle Zitate von Dr. Hartl ohne beigefügte Quellenangabe entspringen aus seinem Buch Katholisch als Fremdsprache.
Hartwig Henkels Antwort auf dieses Buch dient als Grundlage einiger Punkte, und Buch-Zitate stammen direkt aus dieser PDF.
Zwei Artikel von Michael Kotsch dienen ebenso als Grundlage einiger Zitate: „Werbung für Charismatik und römisch-katholische Kirche“ und Johannes Hartl und das „Mission Manifest“.
Hartls Vortrag Ökumene zitiere ich hier stellenweise, und die Original-MP3 steht mir zur Verfügung, stelle sie aber nicht online, da sie das Gebetshaus selbst entfernt hat.
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